Oliver KönigBlogEs darf leicht sein

Es darf leicht sein

So habe ich es in letzter Zeit öfter im Kollegenkreis gehört.

Und ich saß daneben und dachte mir „ja, aber es ist oft echt schwer – wie soll das gehen?“

Das herausfordernde ist es, nicht das Eine (schwer) und das Andere (leicht) an sich zu sehen, sondern zu verstehen, dass unsere Welt in Widersprüchen/Dualitäten/Gegensätzen aufgebaut ist.

Und immer wenn ich mich auf eine Seite konzentriere, dann bekomme ich die andere direkt mit aufgetischt. Automatisch. Immer.

  • Will ich schnell sein, sehe ich ständig blockierende lahme Enten.
  • Möchte ich erfolgreich sein, so muss ich mich mit Misserfolgen rumschlagen.
  • Soll ich es ruhig haben, so bekomme ich Unruhe.

Mir selbst war es in den letzten Jahren immer wichtig Ruhe zu finden. Über Meditation, Achtsamkeitsübungen und Auszeiten. Das Ziel „Ruhe bekommen“ blieb und ich konnte es nie erreichen. Ruhig sein ging immer wieder, aber nie lange und immer war im Hintergrund eine Unruhe in der Ruhe für mich spürbar. Und die Ruhe war auch schnell wieder weg.

Spannender wurde es, als ich mich der Unruhe als Qualität und nicht als Störfaktor widmete. Was steckt in und hinter der Unruhe? Z.B eine Angst überfordert zu sein, durch sehr große Anstrengung. Auf diesem Weg bekam ich Einsichten, die mir schon eher weiter geholfen haben.

Dann begriff ich, dass es nicht um die separaten Enden der Skala ging, sondern um deren Zusammenspiel. Aus Ruhe und Unruhe (für mich Anstrengung) bildeten sich Mischformen:

  • Anstrengende Ruhe
  • Ruhe in Anstrengung
  • anstrengungslose Anstrengung
  • ruhende Ruhe
  • ruhelose Anstrengung
  • unangestrengte Ruhe

Es gibt so viele Mischformen, dass es nie eine Reinform geben kann und auch nie geben wird. Zusätzlich dazu ändern sich die äußeren Bedingungen so schnell, dass sich diese Qualität nie festhalten lässt.

Somit habe ich verstanden, dass das Streben nach einer einzigen Qualität mit dem Wunsch diesen (be-)halten zu können aussichtslos ist.

Und dabei sehe ich diese Beschreibungen ziemlich häufig in unserer Coachingszene. Ein Coachee möchte gerne mehr Entspannung. Der Coach sieht, wie sehr sich der Coachee anstrengt und denkt – „ja, der braucht Entspannung“ – und zack haben sich beide auf das Ziel „Entspannung“ geeinigt.

Wunderbar, jetzt können sich beide dran abarbeiten und sind gemeinsam auf dem Holzweg.

Viel hilfreicher, um aus dieser Dynamik der Widersprüche auszusteigen: Schauen, wer in mir was will und wo die eigentliche Selbst-Entwicklungsaufgabe liegt.

Ein Ziel könnte dann sein: Flexibel werden in meiner inneren Reaktion auf die äußeren Umstände (die sich ständig verändern und die meist nicht so sind, wie jemand in mir sie gerne hätte).

Es muss für mich also gar nicht mehr schwer oder leicht sein – es darf sein, wie es gerade ist.

PS: Und prompt habe ich im Hotel das schwarz-weiß-Zimmer bekommen 🙂

veröffentlicht am 7. November 2022 von

Oliver König

Oliver König

Organisationsentwickler und Coach

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